Die Geschichte

der Straße

Was sagt der Name über die Straße?

Die Geschichte der Flachslakestraße in Bergfelde reicht weit in die Vergangenheit zurück und erzählt von einer Zeit, in der die Menschen des Bauerndorfes eng mit der Natur und ihren Rohstoffen verbunden waren. Der Name „Flachslake“ selbst zeugt von einem jahrhundertealten Erwerbszweig der Dorfbevölkerung: dem Anbau und der Verarbeitung von Flachs.

In Bergfelde war der Flachsanbau und die Verarbeitung von Wolle ein wesentlicher Bestandteil des alltäglichen Lebens. Die Bergfelderinnen und Bergfelder nutzten die Flachsfasern, die sie auf den umliegenden Feldern anbauten, sowie die Wolle der Schafe zur Herstellung von Kleidung. Der Flurname „Flachslake“, der im nördlichen Teil Bergfeldes zu finden ist, erinnert noch heute an diesen wichtigen Wirtschaftszweig. Der Name verweist nicht nur auf den Anbau von Flachs, sondern auch auf eine geographische Besonderheit: Eine flache Wassermulde, die früher in dieser Region existierte.

Diese Wassermulde diente einem entscheidenden Schritt in der Flachsverarbeitung, dem sogenannten Röten. Die Bauern warfen das geerntete Flachsstroh in das flache Wasser, damit die nicht benötigten Pflanzenteile zwischen Wasser und Luft verrotteten. Dieser Prozess dauerte etwa 14 Tage, jedoch war damit ein unangenehmer Nebeneffekt verbunden: der üble Gestank. Um die Bevölkerung vor diesem Geruch zu schützen, wurden strenge Vorschriften erlassen, die den Abstand zu Wohnhäusern und Straßen regelten. Mindestens 1000 Schritte Abstand waren nötig, um den Gestank fernzuhalten. Auch durfte das Rötewasser nicht in Flüsse oder Seen gelangen, da es für die Fische schädlich war.

Die Flachslake war jedoch nicht der einzige Ort in Bergfelde, der von diesem Arbeitsprozess geprägt war. Auch die sogenannten „Rotpfuhle“ – entfernt von den Siedlungen gelegen – verdanken ihren Namen der Flachsverarbeitung. Ebenso könnten die „Rottwiesen“ südlich der Ladewigstraße in der Nähe der Schönfließer Straße ihren Namen diesem Prozess verdanken.

 

Nachdem die Flachspflanzen gerötet waren, begannen die weiteren Arbeitsschritte: Die nassen Fasern wurden getrocknet, die Stengel gebrochen und schließlich die Fasern gehechelt. Danach war der Flachs bereit, um gesponnen zu werden. Traditionell begann das Spinnen am 11. November, dem St.-Martins-Tag, und dauerte bis zum 2. Februar. In den Wintermonaten versammelten sich die Frauen in den Spinnstuben, wo sie nicht nur arbeiteten, sondern auch musizierten und alte Geschichten erzählten – etwa von unheimlichen Ereignissen im Treueluch oder den Fuchsbergen.

Der Flachsanbau in Deutschland reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück, und obwohl der märkische Sandboden nur geringe Erträge lieferte, wurde der Flachs noch bis ins 19. Jahrhundert hinein angebaut. Doch die Industrialisierung setzte diesem Erwerbszweig nach und nach ein Ende. Mechanische Webstühle und Maschinengarn ließen die Leinwandpreise drastisch sinken, und um 1900 verdrängte die Baumwolle den Flachsanbau fast vollständig.

Die Flachslakestraße in Bergfelde erinnert somit an eine längst vergangene Zeit, als das Dorfleben eng mit der Natur und traditionellen Handwerkskünsten verbunden war. Dieser Straßenname bewahrt die Erinnerung an einen einst zentralen Erwerbszweig des Ortes und lässt die Geschichte des Flachsanbaus und der Verarbeitung von Naturfasern in Bergfelde weiterleben.

Kindheitserinnerungen an den Frauenpfuhl